Wir dokumentieren hier einen Artikel der Wiener "Initiative Sommerpaket", die ebenfalls ein Ende der Massenunterbringung fordert und auf die gesundheitsgefährdenden Zustände von Einrichtungen für Armutsbetroffene hinweist.
Zum Artikel: Erneut Cluster im Winterpaket – auch Basismitarbeiter*innen betroffen Genauso wie in der Unterbringung für Geflüchtete gilt hier: Kein Ende der Pandemie, solange nicht menschenwürdige, solidarische Bedingungen für alle Menschen hergestellt sind! ![]() Unser Freund Sugar wurde letzten November nach fünf Monaten Schubhaft nach Nigeria abgeschoben. Mittlerweile baut er sich dort ein neues Leben auf. Er hat bereits den Führerschein gemacht und spart jetzt für ein Auto. Bald wird er als Taxifahrer arbeiten. Sugar hat sich in Österreich immer auch für seine Mitmenschen und Freund*innen eingesetzt, jetzt braucht er unsere Unterstützung, um das Auto zu bezahlen. Wenn ihr etwas Geld übrig habt, dann könnt ihr es auf das folgende Konto überwiesen. Falls nicht, dann leitet diese Nachricht bitte an eure Freund*innen weiter. Solidarität bleibt unsere Waffe! Kontoverbindung: Soziales Miteinander im Wienerwald AT63 3266 7000 0170 1747 Verwendungszweck: Sugar 24/12/2020 Protest und Stimmen gegen Rückkehrzentren
![]() Solidarische Menschen haben sich vergangene Woche auch im burgenländischen Klingenbach/Klimpuh für die Forderung "Wohnungen statt Lager" stark gemacht. Hier ein Text, der zu diesem Zweck verteilt wurde: Hallo liebe Klingenbacher*innen. Als Menschen, die seit längerem mit geflüchteten Menschen politisch und sozial aktiv sind, möchten wir ein paar Gedanken mit euch teilen. Viele Geflüchtete und antirassistische Initiativen setzten sich gegen Massenunterkünfte und für dezentrale und selbstbestimmte Unterbringung in Wohnungen ein, weil:
Deshalb fordern wir Wohnungen statt Lager. Wohnungen, in denen Menschen selbstbestimmt ihren Alltag gestalten und ihr Leben planen können. Wohnungen, in denen Menschen ihre Privatsphäre haben, sich selbst vor Corana schützen können und geschützt vor Schikanen sind. Gleichzeitig probieren wir Menschen, die aktuell in Massenunterkünften leben müssen, zu unterstützen. Wenn du auch in Klingenbach mit der Forderung „Wohnungen statt Lager“ aktiv werden möchtest oder dich drüber austauschen möchtest, wie du die Menschen in der Massenunterkunft solidarisch unterstützt, dann melde dich unter: solidaritaet7013 [at] riseup.net Solidarität statt Isolation! Die Initiative gegen Rückkehrzentren erreicht ein Augenzeugenbericht aus der Bundeseinrichtung in Traiskirchen. Ein junger Mann berichtet, wie er mit anderen nach Traiskirchen geschickt wurde, um einen Folgeantrag zu stellen - an sich ein übliches Vorgehen der Vor-Corona-Zeit. Jedoch: Wir befinden uns in einem strengen Lockdown mit Kontaktverboten und wiedereinmal zeigt sich, dass Gesundheitsschutz nicht für alle Menschen in Österreich gilt: Während einerseits Kanzler Kurz jeden Sozialkontakt als zu gefährlich einstuft, werden Geflüchtete von den Behörden durch Österreich hin- und hergeschickt und schließlich in riesige Massenunterkünfte verbannt. Gleichzeitig werden den Geflüchteten unter Vortäuschen falscher Tatsachen erweiterte Ausgehbeschränkungen auferlegt. Dieses Vorgehen ist an Zynismus kaum zu überbieten!
Die Auflösung der großen zentralen Einrichtungen und eine Lebensperspektive für Alle ist der einzige Ausweg aus dieser gefährdenden Politik. Der junge Mann berichtet von unwürdigen Zuständen: WER IST VERANTWORTLICH?? Wir sind drei junge Männer, die in Wien eine Meldeadresse haben und seit 5,5 Jahre dort gelebt haben. Nachdem wir einen Folgeantrag gestellt haben, wurden wir nach Traiskirchen gebracht, obwohl wir mitgeteilt haben, dass wir in Wien leben. Also das ist ok, dass wir hierher gebracht wurden. Aber die Frage ist, wer wird die Verantwortung übernehmen, wenn wir hier krank werden? Weil in einem Zimmer acht Personen zusammen schlafen; andere Leute, die mehr als zwei Monate unterwegs waren. Für mehr als 100 Leute ein Teekocher und eine Waschmaschine. Essen ist egal, was oder wie, man kann schon für eine bestimmte Zeit aushalten. Und ein Stück Klopapier??? Wenn man noch nicht krank ist, wird man hier sowieso krank. Also wer ist verantwortlich, wenn wir an Corona sterben??
Hunderte Bewohner*innen der von Caritas und Arbeiter Samariter Bund geführten Gemeinschaftsunterkunft in Wien-Erdberg wurden im Mai nach einem Corona-Ausbruch in geschlossene Massenquarantäne in den Wiener Messehallen gebracht und mussten dort über zwei Wochen ausharren.
Infolge der Proteste von betroffenen Menschen, gerichtlichen Klagen und öffentlicher Kritik von verschiedenen Seiten sind die Behörden seitdem von spektakulären Massenquarantäne-Aktionen abgerückt. Allerdings bleibt das Grundproblem der Lagerunterbringung und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung für viele Menschen weiterhin ungelöst: Regelmäßig treten in ganz Österreich in Lagern und Sammelunterkünften neue Covid-Infektionen auf, mit den seit Oktober erneut in die Höhe schießenden Infektionszahlen verschlimmert sich dieser Zustand. Für viele Lagerbewohner*innen sind die letzten Monate geprägt von einem permanenten Quarantäne-on-and-off. Tritt in einer Unterkunft eine Covid-Infektion auf, müssen die Zimmer-Mitbewohner*innen der betroffenen Person in Quarantäne und bleiben gleichzeitig dem Risiko ausgesetzt, sich untereinander weiter anzustecken. Quarantäne bedeutet jedes Mal: Rausgerissen werden aus dem eigenen Alltag; Unterbrechung von Aktivitäten, Jobs und Kursen; Unterbrechung von sozialen Beziehungen - auf die Dauer eine extreme Belastung. Aktuell spitzt sich die Covid-Krise in verschiedenen österreichischen Lagern wieder gefährlich zu: Am 6. November wurde ein großer Covid-Cluster in einer Asylunterkunft in Eisenstadt im Burgenland bekannt, 63 Bewohner*innen wurden positiv getestet. Laut ORF wurde die gesamte Unterkunft unter Kollektivquarantäne gestellt, durch Polizeipatrouillen sollen die Menschen am Verlassen des Lagers gehindert werden. Besonders skandalös ist, dass trotz eines dortigen Covid-Ausbruchs weiterhin Menschen in das überfüllte und isoliert gelegene Rückkehrzentrum am Bürglkopf in Fieberbrunn in Tirol gebracht werden. Laut Informationen von dort wurden am 5. November - unmittelbar nachdem wegen der sich ausbreitenden Covid-Infektionen bereits 15 Personen unter Quarantäne gestellt wurden - weitere 15 Menschen zum Bürglkopf verbracht. Gleichzeitig musste eine Person wegen Atembeschwerden ins Krankenhaus nach Kitzbühel eingeliefert werden. All diese Fälle fügen sich ein in das Bild eines skandalösen Zustands, in dem für die österreichischen Behörden das Isolieren und Ausgrenzen von Menschen durch Lagerunterbringung und das gezielte Zermürben in Rückkehrzentren, das nur darauf abzielt, dass abgelehnte Asylsuchende egal wohin einfach verschwinden, nach wie vor über dem Schutz von Gesundheit, von Leib und Leben, steht. Wenn es jetzt dringende Konsequenzen aus der Corona-Pandemie zu ziehen gilt, dann liegt es an uns allen, hier eine Notbremse zu ziehen: Es braucht eine sofortige Schließung aller Rückkehrzentren und die vollständige Wiederaufnahme der Geflüchteten in die Bundes- und Landesgrundversorgung. Für alle Bewohner*innen von Lagern und Sammelunterkünften müssen umgehend dezentrale Wohnungen zur Verfügung gestellt werden - Platz ist vorhanden. Kosten können und dürfen kein Argument sein in einem Staat, der in der Covid-Krise Milliarden Euro aufwendet, um für Großunternehmen die Rendite zu sichern. Denn eines sollte mittlerweile klar geworden sein: Nicht alle leiden unter der Corona-Krise gleichermaßen - eine grundsätzliche gesellschaftliche Debatte um Umverteilung als Lehre aus der Covid-Krise steht noch aus und muss dringend angestoßen werden. Wohnungen statt Lager jetzt! Evakuiert alle Lager - sofort! Beendet die Schikanierung, die psychische Zermürbung, die soziale Isolation und den Ausschluss von unabhängiger Rechtsberatung von Geflüchteten! Es reicht! Am 12.11. steht eine Sammelabschiebung von Wien nach Lagos/Nigeria bevor. Das Land ist nicht sicher und die Menschen sind in Gefahr, also lassen wir sie nicht alleine! Die Abschiebung am 12.11.2020 nach Nigeria muss gestoppt werden! Nigeria ist kein sicheres Herkunftsland! Die von der Abschiebung betroffenen Menschen sind in Lebensgefahr - die Pandemie verschlechtert die Situation zusätzlich!
Seit mehreren Jahren wüten der sog. Islamische Staat (IS), Boko Haram, sowie mehrere bewaffnete Gruppen im Land. In letzter Zeit gab es ausgehend von der nigerianischen Zivilbevölkerung zahlreiche Proteste gegen die brutale Polizeieineit SARS, Korruption und weitere Polizeigewalt. Diese Proteste wurden von der nigerianischen Regierung auf unmenschliche Art und Weise niedergeschlagen, allein im Oktober 2020 starben 51 Zivilisten. Die Menschrechtslage ist sehr kritisch, weshalb eine Abschiebung das Leben jedes Menschen gefährden würde. Bitte unterschreibt und verbreitet die Petition zur Verhinderung der Abschiebung von dem nigerianischen geflüchteten Menschen "Sugar": http://chng.it/j5h5c7mFZC Wir fordern alle solidarischen Einzelpersonen, Initativen, Vereine, Politische Vertreter*innen und Organisationen auf Briefe an die zuständigen Behörden und Ministerien zu senden, um ihnen damit zu zeigen, dass wir alle dagegen sind, dass die Abschiebung durchgeführt wird. Den E-Mail Text könnt ihr unter diesem Link herunterladen und anschließend ans BMI und BFA senden: https://we.tl/t-5BF0nJX3Jg E-Mail BMI: post@bmi.gv.at E-Mail BFA: BFA-Einlaufstelle@bmi.gv.at Wie der ORF gestern berichtete, gibt es einen weiteren großen Covid-Cluster in einer Asylunterkunft in Eisenstadt im Burgenland. Demnach wurde die gesamte Unterkunft unter Kollektivquarantäne gestellt, die Polizei wird zur Überprüfung der Quarantäne patrouillieren.
Wir fordern: Gesundheitsschutz für Alle! Die folgerichtige Konsequenz daraus ist: Wohnungen statt Lager! Umverteilung von Ressourcen zum Wohle Aller statt Repressionen gegen Einzelne!
Corona Ausbruch im Rückkehrzentrum Bürglkopf: es reicht!
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit: vor über einer Woche gab es erste positive Covid-Testergebnisse von Bewohnern des Rückkehrzentrums Bürglkopf. Daraufhin wurde das obere Haus 2 am Bürglkopf in ein Quarantänehaus umgewandelt. Seitdem kommen alle Personen mit Symptomen oder positiven Testergebnissen in Quaränte im Haus 2, während die übrigen Bewohner weiterhin im unteren Haus 1 auf engsten Raum zusammengepfercht wohnen müssen. Es befinden sich nun bereits 15 Personen in Quarantäne. Die getroffenen "Maßnahmen" sind zum Scheitern verurteilt und werden die Ausbreitung von Corona am Bürglkopf nicht verhindern: solange die Geflüchteten in Zimmern mit bis zu 6 Personen wohnen müssen und erst in "Quarantäne" kommen, nachdem bereits Symptome aufgetreten sind, wird die Ausbreitung des Virus ungehindert weitergehen. Menschen sind bereits in den zwei Tage vor dem ersten Auftreten von Symptomen ansteckend. Laut geltenden Corona Maßnahmen in Österreich müssten mindestens alle Zimmermitbewohner nach einem positiven Testergebnis als Kontaktpersonen der Kategorie 1 gelten und umgehend in Quarantäne. Die Räumlichkeiten am Bürglkopf sind dafür garnicht ausreichend, weshalb man also lieber garnicht erst alle Personen testet, auf das Auftreten von Symptomen wartet und dann eine Alibi Quarantäne verordnet. Die Leute, bei denen Symptome auftreten, haben also mit großer Wahrscheinlichkeit bereits zuvor andere mit dem Virus angesteckt. Am Bürglkopf befinden sich auch ältere oder multimorbid erkrankte Personen, für die das Virus eine Gefahr fürs Leben bedeutet. Kurz gesagt: in Massenunterkünften wie Bürglkopf können keine angemessenen Maßnahmen getroffen werden, um die Bewohner vor Ansteckungen mit dem Corona Virus zu schützen. Der aktuelle Corona Ausbruch zeigt nur nochmals deutlicher, was ohnehin der Fall ist: die Unterbringung von Geflüchteten in Massenunterkünften auf engstem Raum stellt kein menschenwürdiges Wohnen dar, bedeutet immer eine psychische Belastung für die Bewohner:innen und in diesem Fall auch ein massives gesundheitliches Risiko. Die einzige angemessene Maßnahme wäre das, was seit Jahren gefordert wird: sofortige Schließung der Rückkehrzentren, vollständige Wiederaufnahme der Geflüchteten in die Bundes-/Landesgrundversorgung - und: Wohnungen statt Lager. Evakuiert alle Lager - sofort! Beendet die Schikanierung, die psychische Zermürbung, die soziale Isolation und den Ausschluss von unabhängiger Rechtsberatung von Geflüchteten! Es reicht! Wie freesugar.noblogs.org berichtet soll Sugar (wir berichteten) am Donnerstag, den 22.10.2020 vom Wiener Flughafen aus abgeschoben werden.
Die Initiative gegen Rückkehrzentren fordert aus diesem Anlass die sofortige Freilassung und Bleiberecht für Sugar und den sofortigen Halt aller Abschiebungen - erst recht wegen der anhaltenden Covid-19-Risiken. Am Mittwoch Abend wird deswegen in Wien eine Demo stattfinden, weitere Infos in Kürze. |
Dieser Blog wird von nun an von der neu gegründeten "Initiative gegen Rückkehrzentren" betreut. |