Rueckkehrzentren Schliessen!
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Initiative gegen Rückkehrzentren

20/10/2020

Aufruf: Wien braucht mehr Soli-Zimmer!

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In Wien leben knapp 11.000 Menschen in der Grundversorgung, die meisten davon sind in einem laufenden Asylverfahren, manche haben aber bereits zum zweiten Mal einen negativen Bescheid erhalten. Ein Großteil der Menschen in der Grundversorgung lebt privat und bekommt 350€ pro Monat um all ihre Lebenskosten zu decken. Wie das geht, ist nur schwer vorstellbar. Noch prekärer ist es für Menschen, die aus der Grundversorgung rausfallen.

26% aller Menschen in der Grundversorgung leben in organisierten Quartieren von NGOs. Einige Quartiere bieten den Bewohner*innen gute Lebensbedingungen. Andere allerdings nicht: Zimmer und Sanitäreinrichtungen müssen mit vielen Personen geteilt werden, die Nutzung der Küche ist zeitlich eingeschränkt, Besuche nur beschränkt erlaubt und die Menschen fühlen sich oft sozial isoliert und stigmatisiert.

Viele wünschen sich daher, in Wohngemeinschaften zu wohnen, wo sie selbstbestimmter und sozial eingebettet wohnen können. Mit nur 350€ im Monat, ist dies ohne solidarische Unterstützung aber sehr schwierig.

Die Initiative gegen Rückkehrzentren sucht daher Soli-Zimmer für Menschen, die in Lagern oder anderen prekären Verhältnissen leben.

Soli-Zimmer müssen gut überlegt werden. Einerseits - wie immer, wenn es ein neue*r Mitbewohner*in gibt - wird sich einiges am Zusammenleben verändern und das gemeinsame Wohnen muss neu ausdiskutiert werden. Andererseits braucht es die Bereitschaft, anteilig Geld für die Miete aufzustellen. Bei Menschen, die in einem Soli-Zimmern wohnen, kommen meistens noch besondere Faktoren dazu: Die schlechte finanzielle Lage, geknüpft an eine Arbeitsverbot, aufenthaltsrechtliche Unsicherheit bis hin zur Gefahr von Abschiebungen, Hürden über Sprachkenntnisse, das Leben in einer neuen Konstellation, und vieles mehr, führen zu Machtungleichheiten beim zusammen leben und fordern besonderes gute Kommunikation und zeitliche Ressourcen.

1. Modell: Miete solidarisch von Personen außerhalb der WG und die WG stellt ein Zimmer für eine Person

2. Modell: Die Mitbewohner*innen der WG teilen sich anteilig die Kosten für das Soli-Zimmer unter sich auf und zahlen so mehr für ihre Zimmer, um das Zusammenleben mit einer Person die es nicht bezahlen kann zu ermöglichen.

3. Modell: Anteilig zahlt die Person einen Teil der Miete und der andere Teil der Miete wird aus einem solidarischen Kreis an Bekannten und Freund*innen der WG getragen.

Aus Berlin gibt es eine hilfreiche Broschüre, die einige wichtige Punkte thematisiert und Inputs gibt: https://noborderassembly.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1214/2020/07/Solidarity-Asyl-handbook-DE.pdf

Wenn ihr ein freies Zimmer habt und euch vorstellen könnt, ein Soli-Zimmer daraus zu machen, dann meldet euch: rueckkehrzentrenschliessen@systemli.org

Wir besprechen eure Fragen gerne mit euch! 

7/9/2020

Ein Jahr nach Hungerstreik am Bürglkopf: Update über das Rückkehrzentrum in der Gemeinde Fieberbrunn

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Nicht nur wir die Initative „Rückkehrzentren schliessen“, sondern auch die Tiroler Strassenzeitung „20er“ hat in ihrer aktuellen Ausgabe (Juli/ August 2020) die Lage am Bürglkopf recherchiert.

Gemeinsam haben wir uns die Frage gestellt: „Hat sich die Lage der aktuell 90 Bewohner*innen im Rückkehrberatungszentrum Bürglkopf verbessert?“

Ein Bewohner dessen Name zu seiner Sicherheit anonym bleibt, schildert die Lebenssituation im Ausreisezentrum sehr trist und hoffnungslos.
Auch nach über einem Jahr nach Veröffentlichung der skandalösen Zustände, dem Hungerstreik und den vielfältigen Protesten hat sich nur wenig geändert!
Essen, schlafen, Medikamente gegen depressive Stimmungen und warten, dass die Zeit vergeht. Dabei nur ganz wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Eintönigkeit, keine Privatssphäre, keine Selbstbestimmung, Knastähnliche Verhältnisse… Nicht einmal eigenständiges kochen ist erlaubt. Es gibt nur fixe Essenszeiten an denen Speisen ausgegeben werden. Außerhalb dieser Zeiten haben die Bewohner*innen keinen Zugang zu Grundnahrungsmitteln oder eigenen Kochmöglichkeiten. Ein Bus der unter der Woche unregelmässig vom 1250m liegenden Bürglkopf nach Fieberbrunn fährt. Und selbst das ist ein seltener Lichtblick. Am Wochenende fährt der Bus ohnehin nicht. Außerdem fasst er nur maximal 10 Personen und fährt nur 2mal am Tag. Was bei über 80 internierten Menschen im Rückkehrzentrum viel zu wenig ist.

Vor einem Jahr, seit Sommer 2019 begann sich durch den Hungerstreik, die Aufmerksamkeit der Zivilgesellschaft auf Rückkehrzentren (Bürglkopf und Schwechat) zu fokussieren.
Zahlreiche Institutionen, religiöse Gemeinschaften, Politiker*innen, Privatpersonen und diverse Communities befanden die Rückkehrberatungszentren generell als menschenunwürdig und unterstützten den Protest der Menschen am Bürglkopf und der Initative Bürglkopfschliessen (mehr dazu unter # Bürglkopfschliessen) .

Die damalige Petition zur Schliessung dieser Zentren erreichte tausende Unterschriften.

Ein Jahr später hat sich durch den Hungerstreik und dem damit verbundenen medialen Aufschrei, zuerst schien es so, als würde sich durch den Medienwirbel und einen Besuch der UNCHR gemeinsam mit dem damaligen Innenminister ein langsamer Abbau des Asylzentrum am Bürglkopf stattfinden. Schlußendlich in Covid-19 Zeiten hat sich dann doch strukturell nur weniges verändert.

Was hat sich de Facto wirklich verändert?:
  • Es wurde ein neues, eigenes Rückkehrberatungsberatungszentrum für Familien und schulpflichtige Kinder in Bad Kreuzen eingerichtet. Alle Familien mit Kindern die in der Schulpflicht sind und ansonsten in anderen Rückkehrberatungszentren interniert wurden, werden dorthin gebracht.
  • Es wurde ein psychologischer Dienst – bestehend aus einer Fachkraft angestellt um das Zentrum am Bürglkopf zu besuchen. 3 bis 4mal in der Woche gibt es diesen Besuchstermin. 1 Fachkraft auf durchschnittlich 70 bis 90 Personen die die Menschen psychologisch betreuen soll. Eine unmöglich zu schaffende Aufgabe bei diesen geringen Ressourcen.
  • Die Bewohner*innen des Zentrums können, wenn sie Jobs im Haus oder in den umliegenden Gemeinden finden diese für 1,60 Euro pro Stunde durchführen.
  • Selbst wenn die Arbeitgeber freiwillig mehr zahlen würden, ist dies gesetzlich nicht möglich. Zustände, die weder für die Bewohner*innen noch für Arbeitgeber*innen nachvollziehbar sind. Sowie menschlich entwürdigend für die Bewohner*innen.
  • Es werden privat initativ und durch eine NGO unabhängige Rechtsberatungen angeboten. Alleine motiviert aus Gründen den der Solidarität und menschlichem Zusammenhalt. Dies ist unbedingt notwendig da staatliche Rechtsberatungen den Menschen in vielen Fällen nicht weiter helfen wollen oder durch die Verstaatlichung von Asylrechtsberatungen nicht können. Mehr dazu unter: https://www.fairlassen.at/
  • Das Rückkehrberatungsberatungszentrum, nahe Flughafen Schwechat wurde in der Covid-19-Hochphase aufgelöst und die ehemaligen Bewohner*innen nach Traiskirchen gebracht. Die Initative gegen Rückkehrzentren berichtete im Frühjahr dieses Jahres, von humanitären Verstößen im Lager Traiskirchen, diese Ungerechtigkeiten konnten aber gerichtlich erfolgreich geklagt werden.

Betrieben wird das Beratungszentrum, im Auftrag des BMI, von einer Schweizer Unternehmensgruppe.

Gegen ORS liegt in Kanton Zürich momentan eine Klage vor, dass ORS seine Schutz-und Handlungspflicht zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Asylunterkünften in der Schweiz, nicht oder nur ungenügend befolgt.
Die Strafanzeige beträgt über 70 Seiten und umfasst umfangreiche Misstände die minutiös belegt werden können. Unter anderem geht es um Nötigung, Körperverletzung oder vorsätzlicher Widersetzung gegen die Covid-19-Verordnung.

Obwohl die Firma auf ihrer Website angibt professionelle Asylbetreuung und Integrationsarbeit zu leisten und von sich behauptet ein politisch neutrales Unternehmen zu sein, hat ihre gewinnorientierte Unternehmensführung in unterschiedlichen Ländern zu starken Prekarisierung von Asylwerber*innen geführt.
Ein Fakt ist ebenfalls, dass ORS und Securitas miserable Arbeitsbedingungen für Arbeiter*innen schaffen. Schlechte Arbeitsbedingungen sind jedoch niemals eine Ausrede oder Begründung für die oben genannten Gewalttaten!

Das BMI ist mit Auskünften ebenfalls sehr sparsam. Auch auf die Frage warum, das Zentrum an diesem Ort überhaupt noch in Betrieb ist!? Neben aller menschenrechtlicher Bedenken und dem Isolationscharakter wurde 2006 das Heim aufgrund seiner Lage zusätzlich noch vom Tiroler Rechnungshof als unwirtschaftlich eingestuft. Sein weiter bestehen entbehrt auch jeder wirtschaftlichen Grundlage!

Trotz der Isolation, dem staatlichen Druck zu freiwilligen Rückkehr,
können die Menschen am Bürglkopf und in den anderen österreichischen Lagern, Hoffnung und Freude empfinden.
Besonders wenn Leute sie besuchen kommen, ihre Geschichten in die
Öffentlichkeit bringen und sie nicht in ihrer erzwungenen Abgeschiedenheit am Berg oder in anderen Asylcamps vergessen werden.

Falls ihr Zeit und Kraft habt besucht die Menschen!
Lassen wir sie nicht alleine!

Helft mit
Rückkehrzentren zu schliessen! Alle Lager schliessen! Überall!

(erstveröffentlicht unter https://emrawi.org/?Ein-Jahr-nach-Hungerstreik-am-Burgekopf-Update-uber-das-Ruckkehrzentrum-in-der-1113)

26/8/2020

Fünf Jahre #MarchOfHope - United against racism!

Für ein Leben, das eine Perspektive und eine Zukunft bietet!

Anlässlich der fünf Jahre zurückliegenden Ereignisse, die sich vielen von uns unter dem Schlagwort #MarchOfHope ins Gedächtnis eingeprägt haben, planen Initiativen an verschiedenen Orten in Österreich und Deutschland Aktionen zwischen dem 2. und 5. September 2020.

[Link zur transnationalen Kampagne]

In Wien rufen geflüchtete Menschen, von denen einige in Lagern wie Erdberg wohnen, für den 5. September zu einem Protest für ihre Rechte und für ihre Zukunft auf. 

[Link zur Wiener Facebook-Veranstaltung]

Viele von ihnen sind selbst im Spätsommer und Herbst 2015 über die "Balkanroute" in Österreich angekommen. Sie waren damals Teil der tausenden von Menschen, die sich auf ihrer Flucht kurzzeitig die Freiheit erkämpft haben, die Grenzen der EU-Staaten zu überschreiten um dort in Europa anzukommen, wo sie sich eine Perspektive erhofften. 

Fünf Jahre später stecken viele immer noch in den Mühlen des österreichischen Asylsystems fest: Ihre Asylanträge wurden abgelehnt oder sie warten bis heute ohne Ergebnis auf einen Bescheid. Ihre Berichte über Krieg, Verfolgung und brutale staatliche Repression in den Herkunftsländern werden ignoriert oder als unglaubwürdig abgestempelt. Unter regulären Bedingungen zu arbeiten oder eine Ausbildung zu machen wird ihnen durch diskriminierende Gesetze und Sonderverordnungen verwehrt. Durch den erschwerten Zugang zu Wohnungen müssen viele bis heute in Lagern und Sammelquartieren leben. Auch Familiennachzug um ihre Liebsten aus den Kriegsgebieten nachzuholen bleibt ihnen verwehrt. Ohne regulären Aufenthaltstitel können sie sich auch nicht frei bewegen. Einigen sitzt zudem der Druck einer drohenden Schubhaft und Abschiebung oder die Einweisung in ein "Rückkehrzentrum" im Nacken.

Anlässlich von fünf Jahren #MarchOfHope laden wir euch ein, um uns gemeinsam mit dem Kampf der geflüchteten Menschen für ihre Rechte und ihre Zukunft zu solidarisieren! Protestieren wir gemeinsam für gleiches Recht auf Arbeit, Bildung und Ausbildung für alle! Für das Recht auf Wohnungen für alle statt Lager! Für die Anerkennung des Rechts auf Asyl, für Bleiberecht für alle und für das Recht auf ein Leben, das eine Perspektive und eine Zukunft bietet! Für das Recht auf ein Leben ohne Angst vor Gefängnis und Abschiebung! Und auch für das Recht auf rasche Familiennachzug für alle! 

Kommt zur Demonstration am 5. September, ladet eure Freund*innen, Familien und Kolleg*innen ein, verbreitet die Info über eure Netzwerke!

Auftakt zur Demo: 5. September, 15:00 Uhr, Haus Erdberg, Erdbergstraße 186-190.


Von dort ziehen wir gemeinsam zum BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zum AMS und zum Wiener Hauptbahnhof - einer der Orte des Ankommens beim #MarchOfHope im Spätsommer und Herbst 2015.

Fünf Jahre #MarchOfHope - was war da und worum geht es heute?

Mit Anfang September 2020 ist die Kette von Ereignissen fünf Jahre her, die sich vielen von uns unter dem Schlagwort #MarchOfHope ins Gedächtnis eingeprägt hat. #MarchOfHope, das waren die Momente, wo sich viele tausende auf der Flucht kurzzeitig die Freiheit erkämpft haben, die Grenzen der EU-Staaten zu überschreiten um dort in Europa anzukommen, wo sie sich eine Perspektive erhofften. 

#MarchOfHope, das war zum Beispiel der Moment am 5. September 2015, an dem tausende Menschen, die zuvor tagelang am Bahnhof Budapest Keleti festgehalten wurden, sich entschieden, nicht mehr auf eine Erlaubnis zu warten, sondern gemeinsam Richtung österreichische Grenze loszumarschieren. #MarchOfHope führte auch dazu, dass die Bahngesellschaften schließlich Sonderzüge von Budapest nach Wien und von Wien nach München für die vielen Reisewilligen bereitstellen mussten, die an den Bahnhöfen von applaudierenden Unterstützer*innen empfangen und versorgt wurden.

Diese Wochen im September und Oktober 2015 waren Momente der Bewegungsfreiheit, die sich die Menschen auf der Flucht selbst geschaffen haben und damit die Spielregeln des rassistischen europäischen Grenzregimes ein Stück weit außer Kraft gesetzt haben. Ein paar Wochen lang war es möglich, innerhalb weniger Tage von Griechenland über Mazedonien, Serbien, Ungarn, oder über Kroatien und Slowenien, bis nach Österreich, Deutschland und vielleicht weiter nach Frankreich,  Dänemark oder Schweden zu reisen. Dies ohne sich unter lebensgefährlichen Bedingungen in den Laderaum eines LKWs zu zwängen und überall von Grenzschützer*innen gejagt und brutal zurückgedrängt zu werden. Diese Wochen waren auch Momente der Solidarität, wo tausende Menschen überall in Europas aktiv geworden sind, Versorgung, Unterbringung, Übersetzung, Informationen und vieles mehr für ankommende Menschen organisiert haben. Auch für diese Solidarität steht #MarchOfHope, die auch dazu geführt hat, dass manche ins Auto gesetzt haben, um Menschen abzuholen und sicher weiterzubringen.

Fünf Jahre #MarchOfHope bedeutet aber auch: Die 71 Menschen aus dem Irak, Syrien, Afghanistan und dem Iran nicht vergessen, deren tote Körper am 26. August 2015 in Parndorf gefunden wurden, nachdem sie in einem von Ungarn nach Österreich fahrenden Kühllaster grausam erstickt sind – ebenso wie die vielen tausenden von Menschen, die davor und danach, bis heute durch das europäische Grenzregime gestorben sind.

Fünf Jahre nach dem #MarchOfHope hat das europäischen Grenzregime seine Mauern längst höher gezogen und neu organisiert; hat die EU mit dem türkischen Staat und vielen anderen Staaten in Asien und Afrika neue Deals gegen migrierende und flüchtende abgeschlossen, welches Menschen im gewollt produzierten Elend der Lager innerhalb und außerhalb der europäischen Grenzen festhält und in der Wüste, im Schnee und im Meer sterben lässt. Daher sind fünf Jahre #MarchOfHope eine Herausforderung, aber auch ein Aufruf, dafür einzutreten, dass die Bewegungsfreiheit, die sich die beteiligten Menschen damals für ein paar Wochen erkämpft haben, zur dauerhaften Realität werden zu lassen – gegen das Europa der Lager, der Abschiebungen, der Push-Backs, der "hässlichen Bilder" und der tödlichen Grenzen.

Und fünf Jahre #MarchOfHope bedeuten nicht zuletzt Solidarität mit all denen, die damals gekommen sind, die immer noch da sind und deren Kampf um ein Leben, das eine Perspektive und eine Zukunft bietet, noch nicht zu Ende ist!  ​

14/8/2020

Neue Corona-Infektionen in Erstaufnahmelager Traiskirchen

Unsere Freund*innen in Traiskirchen und verschiedene Medien berichten von erneuten Corona-Infektionen im Erstaufnahmelager Traiskirchen. Auch wenn dieses Mal die Behörden offensichtlich vom repressiven Mittel der Kollektivquarantäne Abstand genommen haben, kann es nur eine Lösung der staatlich verordneten fahrlässigen Gesundheitsgefährdung geben: Nämlich die Auflösung der Sammelunterkünfte und die Bereitstellung von menschenwürdigem privatem Wohnraum.
Wir wünschen an dieser Stelle den Erkrankten eine baldige und nachhaltige Genesung!




30/6/2020

Vom Rückkehrzentrum in die Schubhaft

Abschiebung nach Nigeria stoppen - Sugar muss bleiben!

Aktivist*innen aus Innsbruck berichten über die Festnahme und drohende Abschiebung ihres Freundes Sugar nach Nigeria und organisieren solidarischen Protest.  Sugar gehört zu denen, die im Anschluss an die Zwangsquarantäne von Traiskirchen ins "Rückkehrzentrum" am Bürgelkopf in Fieberbrunn in Tirol zwangsumgesiedelt wurden.
Rückkehrzentren dienen dazu, dass Menschen, die der Staat loswerden will, verschwinden. Sei es durch Zwang zur "freiwilligen Ausreise", sei es, dass Menschen untertauchen, wenn sie den Druck nicht mehr aushalten - oder sei es durch Schubhaft und Abschiebung.

Am Abend des 29. Juni fand in Innsbruck bereits eine Spontandemonstration zur Landespolizeidirektion statt, wo Sugar in Schubhaft festgehalten wird. Er selbst konnte die solidarische Botschaft vernehmen.

Wir fordern gemeinsam mit Sugars Freund*innen und den Aktivist*innen aus Innsbruck:

Sofortige Freilassung von Sugar! Sugar muss bleiben!

Keine Abschiebungen nach Nigeria und anderswo hin!

Schubhaft und "Rückkehrzentren" abschaffen!



"Am 29. Juni 2020 wurde ein Mensch im Rahmen einer rassistischen Polizeikontrolle in der Innstrasse in Innsbruck verhaftet, dann in die Landespolizeidirektion gebracht und befindet sich nun dort in Schubhaft.

Ihm droht jetzt die Abschiebung - ohne dass er irgendetwas getan hat!

Sein Name ist Sugar, er ist seit 6 Jahren hier. Er lebte in Niederösterreich, hat dort all seine Freunde und spielte Fussball im Verein. Die Menschen in seiner Gemeinde hatten alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um ihren Nachbarn, Bekannten und Freund in Österreich
zu behalten - erfolglos. 

Nach dem zweiten abgelehnten Asylantrag kam die Fremdenpolizei und riss Sugar aus seinem gewohnten Umfeld, um ihn in Schwechat ins "Rückkehrzentrum" zu stecken!

Flucht ist kein Verbrechen sondern für viele Menschen der letzte Ausweg:

Sugar floh damals mit seiner Schwester aus Nigeria, nachdem ihre Eltern ermordet wurden. Sugars Familie gehört einer Gruppe von Menschen an, die in der nigerianischen Region wo er herkommt, verfolgt wurden und immer noch werden.

Seine Schwester und er verloren sich auf der Flucht. Abschiebeprozesse sind meist langwierig und der Ausgang stets unklar. Das bedeutet für Sugar, dass er je nach dem wie es mit Corona weitergeht und je nach dem ob Nigeria ihn überhaupt anerkennt, lange Zeit in Schubhaft verbringen muss. 

Sugar hat nichts getan, es gibt keinen Grund
ihn einzusperren oder in ein Land zu deportieren, zu dem er keinen Bezug mehr hat! 

Bewegungsfreiheit ist ein demokratisches Recht!"

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15/6/2020

Erstaufnahmelager Traiskirchen nach der Quarantäne - Ein Besuch

Drei Tage ist es nun her, dass die Bewohner*innen des Erstaufnahmelagers Traiskirchen wieder das Gelände der Unterkunft verlassen dürfen - nachdem sie zum zweiten Mal unter Kollektivquarantäne gestellt wurden. Unsere Initiative besucht aus diesem Grund einige Bewohner*innen. Wir treffen Malik, Laith, Bassam, Rashid und Abdurrahman* in einem Traiskirchener Park und sprechen über die aktuelle Situation. Im Gespräch wird offensichtlich, dass die Unterbringungssituation weiterhin äußerst prekär und belastend ist. Die Bewohner*innen berichten über mangelnde Hygiene und Versorgung und ihre Sorgen.

"Wir wollen nur weg von hier. Wir haben Angst - Angst uns anzustecken, Angst verrückt zu werden, Angst einfach auf die Straße gesetzt zu werden", meint Rashid. Letzteres ist gerade für diejenigen von Bedeutung, die bereits rechtskräftig negative Asylbescheide haben, denn: Die Behörden machen Druck und wollen sie aus der Grundversorgung entlassen. Das würde bedeuten: Nicht einmal ein Bett und Verpflegung mehr, sondern ein Leben ohne irgendeine Form von Unterstützung und gleichzeitig auch de facto "illegal": Staatlich erzwungene Verelendung und Verarmung, ein Leben ohne irgendeine Hoffnung oder Chance. "Wir bewegen uns einfach nur im Kreis", stellt Bassam fest.

Aus der Grundversorgung gefeuert zu werden, steht auch in Verbindung mit der Kontrolle, die private kommerzielle Betreiberunternehmen, wie hier ORS, gemeinsam mit Innenministerium und BFA ausüben: Für kritische Nachfragen und Beschwerden erhalten die Bewohner*innen offizielle Ermahnungsschreiben, die mit Kürzung und Entzug der Grundversorgungsleistungen drohen. Ein perfektes Instrument, um die Angst davor, Kritik zu äußern oder nicht alles kommentarlos hinzunehmen, zu zementieren. Gleichzeitig droht derzeit akut eine weitere Sanktionierung und Verschlechterung: Bereits in den letzten Tagen wurde begonnen, Geflüchtete aus Traiskirchen in das Isolationslager am Tiroler Bürglkopf umzuverteilen. Von dort ist zu vernehmen, dass das Lager bereits an seine Kapazitätsgrenzen kommt.

Zwar dürfen die Bewohner*innen das Gelände wieder verlassen, viele sind in ihrer Bewegungsfreiheit dennoch weiterhin extrem eingeschränkt: Sie dürfen sich nur innerhalb der Grenzen des Bezirks Baden aufhalten. Obwohl sie Freundschaften mit Österreicher*innen überall im Land haben, können sie diese niemals besuchen - Erlaubnisse durch das BMI den Bezirk zu verlassen werden nur äußerst selten erteilt. Wie absurd, dass diejenigen, die schon über Jahre ein einigermaßen gutes Leben in Österreich geführt hatten und sich eine Existenz aufbauen konnten, nun mit allen Mitteln zur Ausreise zermürbt und gefügig gemacht werden sollen.

Der Blick auf die aktuelle Corona-Krise stimmt einige der Bewohner*innen im Gespräch nachdenklich und schwermütig: "Jederzeit könnte eine neue Quarantäne kommen. Jedesmal wenn wir raus gehen sind wir in Gefahr: Wir könnten draußen Leute anstecken oder wir bringen das Virus mit in das Haus und stecken die anderen an. So kann es nicht weitergehen. Für uns ist die Corona-Politik total widersprüchlich: Einerseits sollen wir Abstand halten, andererseits werden wir hier alle zusammen eingesperrt" meint Malik. Dass auch eine Person aus dem Lager verstorben ist, haben sie erst aus der Zeitung erfahren, "sie haben es uns verheimlicht", meinen sie gemeinsam.

Laith hält am Ende unseres Gesprächs fest: "Wir hoffen dass die Menschen in Österreich davon erfahren, wie es uns hier geht, damit sich etwas ändert. Das einzige was wir brauchen ist Freiheit."

*Namen geändert

8/6/2020

Kundgebung 15.06.2020: "Mehr als nur einen Applaus wert..."

Wir unterstützen die Kundgebung der "Initiative Sommerpaket":
Massenunterkünfte und prekäre Arbeitsbedingungen machen krank! 

Link zur Kundgebung auf 


MEHR ALS NUR EINEN APPLAUS WERT…!

+++ Die Initiative Sommerpaket ruft auf zur Kundgebung +++
Wann: Montag 15.06.2020 um 15h
Wo: Platz der Menschenrechte (Ecke Mariahilferstraße/Museumsquartier)

Wieder einmal ist die Wintersaison der Wohnungslosenhilfe zu Ende gegangen. Wäre die Covid-19-Pandemie nicht ausgebrochen, wären nun wieder über tausend Menschen zusätzlich auf der Straße.
Erst die Krise hat es geschafft, dass Menschen nicht mit Anfang Mai auf die Straße gesetzt werden. Aber die kurzfristige Verlängerung des Winterpakets bedeutet nur eine Verzögerung des Problems. Ziel ist dabei nicht der Schutz obdachloser Menschen. Wäre dem so, würden Menschen, die teils Hochrisikogruppen angehören, nicht in oftmals schlecht ausgestatteten Sammelunterkünften untergebracht werden. Während die Tagesangebote reduziert wurden, ist es in den Notquartieren häufig eng, laut, es mangelt an sanitären Standards und Privatsphäre. Die aktuelle Situation bestätigt einmal mehr die Dringlichkeit der Maßnahmen, welche die Initiative Sommerpaket schon seit langem fordert – eine Verbesserung der Qualität der Angebote, das ganzjährig zur Verfügung steht!
Für uns Basismitarbeiter*innen bedeuten diese Entwicklungen auch Ungewissheit in ohnehin prekären Anstellungsverhältnissen. Wir kämpfen mit fehlender Informationsweitergabe, mangelndem gesundheitlichen Schutz und teils erschwerten Arbeitsbedingungen. Gleichzeitig werden wir als Teil der kritischen Infrastruktur von der Politik gefeiert.
Anerkennung zeigt sich aber nicht in medialem Applaus – Anerkennung zeigt sich in unbefristeten Dienstverträgen, angemessener Bezahlung und rascher Informationsweitergabe!
Mit uns kein Zurück zum Alten und keine Neue Normalität!

Daher fordern wir:
+ + Unterkünfte für wohnungslose Menschen dürfen nicht nur im Winter verfügbar sein. Wir fordern ganzjährige, niederschwellige und qualitätsvolle Angebote für alle!
+ + Für die Basismitarbeiter_innen des Winterpakets bedeutet das Ende der Wintersaison Unsicherheit und Stress. Wir fordern unbefristete Verträge und eine angemessene Bezahlung!

8/6/2020

Deutsche Universitätsstudie bestätigt hohes Infektionsrisiko in Massenunterkünften und die Sinnlosigkeit der Kollektivquarantäne

Eine aktuelle Studie des universitären Kompetenznetzes Covid-19 unterstreicht die Gefährdung durch Massenunterbringung und die Sinnlosigkeit der Kollektivquarantäne:

Ein Zitat aus der Studie:

"Fazit und Empfehlungen
  • Das Infektionsrisiko für Bewohner*innen von Sammelunterkünften für Geflüchtete ist bei Auftreten eines Falls von SARS‐CoV‐2 als hoch einzuschätzen.
  • Aufnahmeeinrichtungen der Länder und Gemeinschaftsunterkünfte der Landkreise unterschieden sich im Infektionsrisiko nicht.
  • Eine Kollektivquarantäne hat keinen Zusatznutzen gegenüber einem Vorgehen, das Fallquarantäne und Reihentestungen mit ausschließlicher Quarantäne Infizierter verfolgt.
  • Bei Kollektivquarantäne können keine signifikant höheren Infektionsraten belegt werden, ein dahingehendes Restrisiko und das Potential schwererer psychosozialer Folgen bleiben jedoch.
  • Es gibt keine Belege darüber, dass durch Verzicht auf Kollektivquarantäne bei Einhalten der üblichen Schutzmaßnahmen ein erhöhtes Infektionsrisiko für die Bevölkerung außerhalb der Einrichtung entsteht.
  • Normativ‐rechtlich ist die Kollektivquarantäne hoch problematisch.
  • Aus epidemiologischer und aus normativ‐rechtlicher Sicht ist die Kollektivquarantäne daher zu vermeiden.  
  • Die coronaschutzkonforme Unterbringung Geflüchteter möglichst dezentral bzw. bei zentraler Unterbringung in Einzelzimmern/kleinen Wohneinheiten ist aus epidemiologischer und aus normativ‐rechtlicher Sicht die beste Präventionsmaßnahme."

5/6/2020

Von der Zwangsquarantäne ins Rückkehrzentrum: Zwangsumsiedelung von Geflüchteten aus Traiskirchen

Zwei Wochen lang mussten die Bewohner*innen des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen erneut unter Zwangsquarantäne mit polizeilichem Einschluss ausharren, nachdem  im Lager erneut Corona-Infektionen aufgetreten sind. Nach letztem Informationsstand wurden mindestens 12 Menschen in Traiskirchen positiv auf Covid-19 getestet. Trotz aller bisheringen Erfahrungen, trotz der Tatsache, dass bereits ein Mensch, der in Traiskirchen gelebt hat, an Covid-19 verstorben ist, setzen die Behörden durch die fortdauernde Unterbringung im Lager weiterhin die Gesundheit und das Leben geflüchteter Menschen aufs Spiel. Und statt wirksamem Gesundheitsschutz gibt es Repression durch Einschluss.

Anstatt folgerichtig von dieser Praxis Abstand zu nehmen, geht es nun jedoch in eine ganz andere verhängnisvolle Richtung: Mehrere Menschen in Traiskirchen - u.a. Geflüchtete aus Nigeria und aus dem Iran - haben Bescheide bekommen, in denen sie angewiesen werden, im Anschluss an die Quarantäne von Traiskirchen ins Rückkehrzentrum am Bürgelkopf in Fieberbrunn, Tirol umzusiedeln. Die sog. Rückkehrzentren, von denen es bislang drei in Österreich gibt, stehen schon länger unter massiver Kritik. Denn diese Einrichtungen dienen zu keinem anderen Zweck als dazu, geflüchtete Menschen, die der Staat bislang nicht abschieben kann, durch soziale Isolation und entwürdigende Lebensbedingungen dazu zu zwingen, Österreich zu verlassen. Oder durch Untertauchen nicht mehr im System aufzuscheinen - Hauptsache, die Menschen verschwinden. Gegen dieses unmenschliche System wehren sich auch die davon betroffenen Menschen: Im Sommer 2019 traten die Bewohner*innen des Rückkehrzentrums Bürgelkopf wochenlang in einen Hugerstreik, der breite Unterstützung in der Tiroler Zivilgesellschaft und auch darüber hinaus fand. Sie forderten die Schließung der Rückkehrzentren, Wohnen unter menschenwürdigen Bedingungen und die Wiederaufnahme ihrer Asylverfahren.

Nun soll das menschenverachtende System der Rückkehrzentren eine Wiederaufwertung erfahren, indem Menschen aus Traiskirchen dorthin umgesiedelt werden.

Die Initiative gegen Rückkehrzentren fordert:

Keine Zwangsumsiedlungen in das Rückkehrzentrum Fieberbrunn / Bürgelkopf und andere Rückkehrzentren!

Schließung aller Rückkehrzentren!

Anstatt dem unwürdigen Verschieben von Menschen: Wohnen unter menschenwürdigen und selbstbestimmten Bedingungen, Wohnungen statt Lager für alle!

5/6/2020

"Im Quarantäne-Gefängnis"

Artikel zur Situation in den Rückkehrzentren in Österreichin in der Juni Ausgabe des MO Menschenrechtsmagazin von SOS Mitmensch

In der Corona-Krise spitzt sich die Lage in den Unterkünften für geflüchtete Menschen zu. In der Erstaufnahmestelle in Traiskirchen sowie in den Rückkehrzentren in Fieberbrunn und Bad Kreuzen verzweifeln Menschen unter den prekären Bedingungen.

Rückkehrzentren und Massenunterkünfte gefährenden die psychische und physische Gesundheit von Asylsuchenden, daher wird die Unterbringung von Geflüchteten in Privatwohnungen gefordert!  Die Zentren sind zu eng, zu schlecht betreut und teils zu isoliert. All das verlangt nach einem generellen Ende der Lagerpolitik!

Die ganze Ausgabe:
https://www.sosmitmensch.at/dl/kkskJlmJKmLJqx4KJK/MO59_Magazin.pdf

Der Artikel:
www.sosmitmensch.at/im-quarantaene-gefaengnis

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    Dieser Blog wird von nun an von der neu gegründeten "Initiative gegen Rückkehrzentren" betreut.
    Den davon unabhängigen,  im Sommer 2019 veröffentlichten Appell der Zivilgesellschaft finden Sie archiviert hier

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